Der
Einsatz medizinisch wirksamer Pilze bei chronischen Magen- und Darmentzündungen
´Mykotherapie´
ist ein noch relativ junger Begriff innerhalb der alternativen Medizin.
Darunter wird die Behandlung von Krankheiten mit Hilfe von Pilzen verstanden
(Pilzheilkunde). Ihren Ursprung hat die Mykotherapie in der asiatischen
Medizin. Dort spielen Pilze schon seit vielen hundert Jahren eine große
Rolle. Auch in unseren Breiten nimmt die Bedeutung der therapeutischen
Behandlung mit ausgewählten Pilzen zu. Dabei wird angestrebt, neben
der Verringerung von Symptomen auch ihre Ursachen zu erkennen und zu behandeln.
So individuell wie die Ursachen einer Erkrankung sein können, so
individuell werden Heilpilze entsprechend eingesetzt. Ihr großer
Vorteil: Da es sich bei Pilzen um natürliche Substanzen handelt,
kommt es nicht zu unerwünschten Nebenwirkungen wie bei vielen herkömmlich
eingesetzten Medikamenten. Dies wirkt sich vor allem in der Therapie chronischer
Erkrankungen positiv aus, wo mit Hilfe der Mykotherapie beachtliche Erfolge
erzielt werden können.
Wissenschaftliche
Untersuchungen belegen die positive Wirkung von Heilpilzen in der Therapie
und Prävention. Sie enthalten eine Vielzahl an ernährungsphysiologisch
wichtigen Substanzen. Heilpilze stabilisieren das Immunsystem, hemmen
das Tumorwachstum und haben Zell erneuernde Wirkung. Ihre Bedeutung wächst
z. B. in der Immuntherapie bei Krebserkrankungen, Allergien und entzündlichen
Prozessen an der Haut. Auch bei chronischen Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
werden ausgewählte Heilpilze (Hericium, Reishi und Coriolus) inzwischen
erfolgreich eingesetzt.
Ursachen chronisch
entzündlicher Magen-Darmerkrankungen
Stress in Form von
Infektionen durch Viren und Bakterien, Störungen der Darmflora, Nahrungsmittelallergien,
Autoimmunerkrankungen, Genussgifte, Medikamente oder psychische Einflüsse
werden als Ursachen für entzündliche Veränderungen im Verdauungstrakt
diskutiert. Werden diese Einflüsse zum Dauerstress für unseren
Körper, ist die Regenerationsfähigkeit des Organismus beeinträchtigt
und es kommt zu chronischen Erkrankungen (z.B. Gastritis, Morbus Crohn
oder Colitis ulcerosa). Hier entfalten medizinisch wirksame Pilze ihre
Wirkung: Sie erhöhen die Widerstandsfähigkeit des Körpers
durch ihre Inhaltsstoffe.
Wirk- und
Inhaltsstoffe von Heilpilzen
Die Wirkung der Pilze
auf das Immunsystem wird durch den Gehalt an Beta-Glukanen maßgeblich
beeinflusst. Beta-Glukane sind langkettige Polysaccharide, die in unterschiedlicher
Konzentration in allen Pilzen enthalten sind. Sie liegen abhängig
von der Pilzsorte in verschiedenen chemischen Strukturen vor, wobei die
komplexeren Beta-Glukane eine breitere Wirkung auf das Immunsystem haben.
Da Beta-Glukane in ihrem Aufbau bestimmten Molekülen in der Zellmembran
von Bakterien ähneln, bewirken sie eine Art ‚Training’
des Immunsystems.
Außerdem setzt die Wirkung der Beta-Glukane an verschiedenen Stellen
des Abwehrsystems an: Sowohl die zelluläre, als auch die humorale
Abwehr werden durch sie beeinflusst.
Des Weiteren enthalten Pilze Triterpene (zyklischer Kohlenwasserstoff).
Dazu zählen z. B. Steroide wie Gallensäure, Steroidhormone,
Glykoside oder Vitamin D – dies ist vermutlich der Grund für
die dem Kortison und Aldosteron ähnliche Wirkung einiger Pilze. Triterpene
verhindern die Vermehrung von Viren und reduzieren die Ausschüttung
von Histamin. Sie sorgen weiterhin für eine Senkung des Blutdrucks
durch die Hemmung von ACE und reduzieren den Cholesterinspiegel.
Das in Pilzen enthaltene Adenosin wirkt beruhigend, entspannend auf die
Muskulatur und hat eine dem Neurotransmitter Azetylcholin entgegen gesetzte
Wirkung.
Die einzelnen Inhaltsstoffe
der Pilze wurden in vielen Studien untersucht, so dass Rückschlüsse
auf Einsatzmöglichkeiten gezogen werden können. Ergänzend
lassen vor allem Erfahrungen aus der Traditionellen Chinesischen Medizin
(TCM) den Schluss zu, dass der ganze Pilz eine komplexere Wirkung entfaltet
als der einzelne Inhaltsstoff - Pilze wirken als Adaptogen.
Pilze sind
Adaptogene
Nach zu hoher oder
lang anhaltender Belastung (Stress, Umweltbedingungen, chronische Entzündungen,
virale Infektionen, Allergien, Krebs, rheumatische Erkrankungen etc.)
reagiert der Körper in der Regel mit Erschöpfung. Ist die Regenerationsfähigkeit
eingeschränkt und die Anpassungsfähigkeit an Stresssituationen
nicht mehr vorhanden, kann es zur Verstärkung oder zum ersten Auftreten
chronischer Krankheiten (wie z.B. Magen-Darm-Erkrankungen) kommen.
Eine viel versprechende
Möglichkeit, dem Körper aus diesem Circulus vitiosus zu helfen,
bieten Adaptogene. Unter diesem vom russischen Arzt N. V. Lazarev geprägten
Begriff werden Substanzen verstanden, die für eine Erhaltung der
Leistungsfähigkeit und Widerstandskraft des Körpers auch in
Stresssituationen und im Alter sorgen. In seiner Definition ist ein Adaptogen
durch folgende Eigenschaften charakterisiert:
• kein zusätzlicher
Stress für den Körper
• eine bessere Anpassung des Körpers an Umweltbelastungen,
da durch die Einnahme vor allem Nerven-, Hormon- und Immunsystem (von
ihnen gehen die Anpassungsreaktionen bei Stress aus) in ihrer Funktion
unterstützt werden
• eine unspezifische Wirkung auf den Körper
• einen regulierenden Effekt: Übermäßige Immunreaktionen
können verhindert bzw. ein geschwächtes Abwehrsystem angeregt
werden
Nachgewiesen wurde
eine adaptogene Wirkung bei Polysacchariden aus dem Pilz Maitake: Im Fall
von chronischen Entzündungen überwiegt die durch TH2-Zellen
aktivierte humorale Abwehr. Dies führt zu einer Unterdrückung
der durch TH1-Zellen aktivierten zellulären Abwehr. Somit haben Erreger
eine größere Chance, den Körper erneut zu infizieren.
Durch Maitake kann die zelluläre Abwehr gefördert und das notwendige
Gleichgewicht zwischen TH1- und TH2-Zellen wieder hergestellt werden.
Dies ist eine wichtige Voraussetzung zur Linderung chronischer Entzündungen.
Auch Erfahrungen der TCM unterstützen die Annahme, dass es sich bei
Pilzen um Adaptogene handelt.
Hericium
- Reishi - Coriolus
Im Falle von chronisch
entzündlichen Magen-Darmerkrankungen entfalten besonders drei Heilpilze
ihre besonderen Eigenschaften:
- Hericium erinaceus
(dt.: Igelstachelbart) wird traditionell zur Stärkung der Magen-
und Darmschleimhaut eingesetzt. Er vermehrt außerdem nachweislich
die Produktion von Nervenwachstumsfaktoren. Dies ist vor allem unter
der Annahme, dass Stress und die Entgleisung des vegetativen Nervensystems
bei der Krankheitsentstehung eine entscheidende Rolle spielen, interessant.
- Reishi (dt.: Glänzender
Lackporling) ergänzt die Wirkung des Hericium bei Gastritis, Morbus
Crohn oder Colitis ulcerosa. Durch seinen hohen Gehalt an Triterpenen
wirkt er ähnlich dem Kortison gegen Entzündungen und reduziert
die Histaminausschüttung. Außerdem besitzt Reishi eine entspannende
Wirkung. Dadurch verbessert der Pilz die Regenerationsfähigkeit
des Organismus.
- Coriolus (dt. Schmetterlingsporling)
reguliert das Immunsystem. Er wird vor allem beim Auftreten von Viren,
Bakterien oder Krankheit verursachenden Pilzen verwendet.
Autorin: Cathrin Spuck,
Heilpraktikerin |